Loading...

90 Jahre „Elmhaus“

Nachdem schon seit Jahren auf dem „Singplatz“ am Ostrande des schönen Elmwaldes oberhalb Schöningens von diesem oder jenem Wirt an Sonn- und Festtagen, bei Gesangskonzerten usw. Speisen und Getränke verabfolgt waren, die im Freien ohne besondere Bedienung von den Gästen verzehrt wurden, erhielt der Gastwirt Hermann Nievert im Gasthof „Zum Heidenkönig“ in Schöningen, Ecke Wilhelm- und Helmstedter Straße, von der Forstbehörde in Braunschweig zum 1. Juni 1884 gegen eine jährlich zu zahlende Pachtsumme auf 99 Jahre die Erlaubnis, ‚“am östlichen Rande des Elms auf dem sogenannten „Singplatz“ eine Bretterbude errichten zu dürfen, die so groß sein sollte, daß bei einem etwa ausbrechenden Unwetter 20-30 Personen darin Schutz finden könnten.“

Am 27. Juni konnte dann Hermann Nievert, wie die Zeitung meldete, in dem recht bescheidenen Lokal das erste Glas Bier ausschenken. Diese Meldung wurde am 8. Juli von dem W. u. A. mit den Worten begrüßt: „Seit langen Jahren schon ist der Wunsch in hiesiger Stadt laut geworden, es möge sich jemand finden, der auf dem „Singplatz“ unseres schönen Elms ein Zelt errichten und darin die Restauration betriebe. Mit Freuden haben wir es deshalb begrüß. als wir erfuhren, daß Herr Hermann Nievert von der herzoglichen Forstbehörde ein Terrain des Singplatzes gepachtet habe, um darauf ein Zelt errichten zu lassen. Mit vielem Danke müssen wir die Bereitwilligkeit der Herren Forstbeamten anerkennen, einem solchen Unternehmen die Hand zu bieten.“

Die festliche Einweihung des „Elm-Restaurants“ auf dem Singplatz fand am 15. August 1884 statt. Von Nachmittag ½5 Uhr ab konzertierte die Stadt kapelle, abends fand eine bengalische Beleuchtung des Singplatzes statt.

Am 15. November gab Hermann Nievert bekannt: „Den Elmbesuchern zur Nachricht, daß mein Restaurant von jetzt ab nur sonntags bei günstiger Witterung und bei vorheriger Bestellung geöffnet ist“, und am 24. Januar 1885 las man im WuA: „Als Merkmal, daß meine Wirtschaft geöffnet ist, werde ich von jetzt ab jedesmal im Stadtrat Cruseschen Garten vor dem Neuen Tore ein Schild aushängen mit der Aufschrift: „Heute, Wirtschaft im Elme! Hermann Nievert.“ – „Vorzügliche Schlittenbahn!“ Der rege Besuch der Gaststätte auf dem Singplatz varanlaßte Hermann Nievert, bekanntzugeben: „Auf Wunsch ist vom 31. 1. 1885 ab jeden Sonntag die Wirtschaft auf dem Singplatz im Elm geöffnet!“

Der Verschönerungsverein Schöningen

Besondere Verdienste um die Gestaltung des Singplatzes erwarb sich der im Herbst 1884 durch den Stadtkämmerer Schönert ins Leben gerufene Verschönerungsverein Schöningen. Unter der fachkundigen Leitung des Partikuliers (Privatmann, Rentner) Schmidt entstand ein kleiner Park im Walde. der gegen empfindliche Zugluft durch Anpflanzung mehrerer Reihen Tannen geschützt war. Auch Hermann Nievert, der rührige Wirt auf dem Singplatz, scheute keine Kosten, um seinen Gästen den Aufenthalt auf dem Singplatz so angenehm wie möglich zu machen. Der WuA meldete u.a.: „Außer Neubeschaffung einer großen Zahl von Tischen und Bänken hat derselbe (Nievert) vor dem Zelte eine geschmackvolle Veranda und neben demselben eine geräumige Küche erbauen lassen.“ So konnte Hermann Nievert inserieren: „Am 1. und 2. Pfingsttage 1885 in der Wirtschaft auf dem Singplatz von morgens ½4 Uhr ab: Kaffee, Bier und diverse warme und kalte Speisen empfiehlt daselbst bestens H. Nievert.“ Der Wirt sorgte aber nicht nur für das leibliche Wohl seiner Gäste, sondern war auch bestrebt, ihnen künstlerische Genüsse zu bereiten, So ließ er durch die Stadtkapelle, Militäkapellen von auswärts usw. Konzerte veranstalten.

Der Verschönerungsverein nahm sich auch weiterhin der Ausgestaltung des Singplatzes an, auf dem bei Festlichkeiten auch andere Wirte, Bäcker und sonstige Gewerbetreibende Waren anboten, wozu sie allerdings eine vom Gastwirt Nievert ausgestellte Erlaubniskarte haben mußten.

Im Jahre 1887 wurde in unmittelbarer Nähe des Singplatzes, in der Nesselkuhle, für die Schöninger Schützenkorporation ein Schießstand errichtet, auf dem im Laufe des Sommers an den Wochentagen Montag zund Freitag von ½3 bis 7 Uhr nach der Scheibe geschossen wurde. Im gleichen Jahre wurde auf Veranlassung des Verschönerungsvereins unterhalb des Singplatzes im Märzental nach Trinkwasser gebohrt mit dem Erfolg. daß man bei 65 Fuß Tiefe auf eine starke wasserführende Erdschicht stieß, wodurch die Trinkwassernot zunächst beim Singplatz behoben wurde.

Der Platz erfuhr weitere Verbesserungen, indem u.a. vom Verschönerungsverein 1887 260 Fichten und 400 Sträucher angepflanzt, die dortigen Wege mit Kies beschüttet und der Philosophenweg mit Ruhebänken ausgestattet wurden.

Dem immer stärker werdenden Verkehr waren die dem Wirt Nievert zur Verfügung stehenden Baulichkeiten nicht mehr gewachsen, so daß er beschloß, auf das Küchengebäude ein Stockwerk aufzusetzen und auch einen besonderen Pferdestall zu erbauen, um die vielen Pferde unterzubringen, mit denen besonders an Sonn- und Festtagen die Landwirte aus der Umgegend von Schöningen kamen. Diese Pläne wurden im August 1888 verwirklicht.

1889 erhielt dann der Gastwirt Nievert die behördliche Erlaubnis, „Branntwein und Spirituosen“ ausschenken zu dürfen, was von vielen männlichen
Gästen freudig begrüßt wurde.

Grundsteinlegung des „neuen“ Elmhaus

Die gute Entwicklung des Gaststättenbetriebes in dem nach unseren heutigen Begriffen immerhin primitiven Elmhaus veranlaßte Hermann Nievert, eine
neue größere massive Gast- und Schankwirtschaft auf dem Singplatz zu errichten. Am 23. April 1895 meldete das WuA: „Am Sonnabend (20. April) ist zu dem Nievertschen Restaurant im Elm der Grundstein gelegt. Den Bau führt Herr Amtsmaurermeister Hr. Meyer aus. Mit der Beaufsichtigung der Ausführung ist seitens der Direction der Forsten Herr Regierungsbaumeister Eschemann beauftragt. Die Baukosten belaufen sich auf ca. 17 000 Mark“

Am 21. September 1895 las man in den beiden hiesigen Tageszeitungen: „Der villenartige Bau, den der Besitzer des Elm-Restaurants auf dem Singplatz errichten läßt. enthält nach dem Plan des Regierungsbaumeisters Eschemann im untersten Stockwerk 3 Gastzimmer, im 2. Stockwerk neben einem weiteren Restaurationsraum 6 Logiszimmer und im Erker noch 2 für Logierzwecke geeignete Räume.“

Am 1. Oktober 1895 wurde dem Elmhauswirt eine Posthilfsstelle übertragen; er erhielt täglich einmal abwechselnd von dem aus Schöningen ,nach Hoiersdorf bzw. Esbeck gehenden Landbriefträger Postsachen zugestellt. 1896 bekam das Elmhaus telefonische Verbindung mit dem Schöninger Stadtbezirk unter Fernsprechnummer 12.

Im gleichen Jahre ließ H. Nievert nördlich vor dem neu erbauten „Elmhaus“ einen Musikpavillon aufstellen. Er war i.J. 1891 anläßlich der im großen Rahmen veranstalteten Sedan-Feier von der Firma Paulmann im Stadtpark errichtet und nach Abschluß der Feier abgetragen und in einem Schuppen gelagert worden.

Am 5. Juni 1896 wurde von den Schöninger Stadtverordneten beschlossen, das im Forstort „Nesselkuhle“ gelegene Nievertsche Grundstück Nr. ass. 679 (0,0345 ha) und den Hofraum (0,1182 ha) in Gesamtgröße von 0,1527 ha der Stadt Schöningen einzuverleiben.

Lebhaft begrüßt wurde, namentlich von weiblichen Gästen im Elmhaus, ein am 20. März 1897 in den beiden hiesigen Tageszeitungen erschienenes
lnserat: „Den geehrten Herrschaften von Schöningen und Umgegend zur gefl. Kenntnis, daß ich von Sonntag an auf dem Elm bei schönem Wetter meine Konditorei eröffnet habe, und bitte um gütigen Zuspruch. Hochachtungsvoll Franz Habe, Conditor.“ (Dieser Bäcker- und Conditormeister betrieb sein Geschäft im übrigen Bismarckstraße Nr. 19, heute „Café und Konditorei Queisser“).

Lebhaft begrüßt, besonders von der Jugend, wurden die vom Verschönerungsverein im Jahre 1897 aufgestellten Turngeräte auf dem Singplatz, die eifrig benutzt wurden.

Um Gehbehinderten und alten Personen das Erreichen des Elmhauses zu erleichtern bzw. überhaupt zu ermöglichen, veranstaltete 1897 Herr Fuhrherr W. Hellmuth, Bahnhofstraße 30, regelmäßig Pferdewagen-Fahrten nach der Waldgaststätte und erwarb sich damit viele Freunde.

Im Jahre 1901 ließ der Wirt den erwähnten Musikpavillon abreißen und schräg gegenüber am Gebüsch einen neuen erbauen. Dadurch konnte eine bedeutend bessere Schallwirkung bei Konzerten erzielt werden. Im gleichen Jahre errichtete er einen geräumigen Saal, der gern aufgesucht wurde.

Als tüchtiger Gastwirt vergaß er auch nicht, für sein Lokal fleißig Reklame zu machen; so annoncierte er z.B im Adreßbuch des Jahres 1910: „Elmhaus, Besitzer: Herm. Nievert – Restaurant-Logierhaus – Telephon 12 -‚ – Posthilfsstelle. – Auf dem Singplatz im Elm gelegen. 15 Minuten von der Stadt entfernt, 20 Minuten vom Solbade. Schönste und weiteste Fernsicht vom ganzen Elm. Reizende Anlagen. Angenehmer Aufenthalt. Beliebtes Ausflugsziel. Neuerbaute Gesellschaftsräume und komfortabel eingerichtete Lokalitäten für Logierzwecke. Zum Ausspann ausreichende Stallungen. Gute Weine, ff. helle Biere: Pilsener Urquell und Münchener Pschorrbräu. Vorzügliche Küche. Pensionspreis wöchentlich von 30 Mk an, bei längerem Aufenthalt evtl. billiger. Kulante Bedienung. Billigste Preisnotierung.“

Nachdem im Jahre 1901 dem Elmhaus ein großer Saal angebaut worden war, wurde die erweiterte Grundfläche des Elmhauses nicht zum Stadtbezirk gelegt, so daß im Elmhause zwei Polizeibehörden zuständig waren.

Ein 1910 von der Stadtbehörde an die Forstverwaltung gestellter Antrag, für die Dauer der Bewirtschaftung des Elmhauses den ganzen Platz, soweit er für Restaurationszwecke benutzt würde, dem Stadtgebiet zu überweisen, wurde abgelehnt. Die Forstbehörde stimmte nur der Zuweisung der Fläche bis zum Promenadenwege, der am Saal vorbeiführte, zu und zwar unter der Bedingung, daß ihr nie daraus Kosten entstehen würden.

Ein Höhepunkt im Leben des Elmhauses bzw. des Singplatzes war der 13. Juli 1913. Das unter der Leitung des Theaterdirektors Palmbaum ste-
hende Freilichttheater zeigte dort „Die Räuber“ von Fr. v. Schiller. Es war die einzige Aufführung dieser Art im Elm bei Schöningen.

Der 1. Weltkrieg und die Zeit danach

Während des 1. Weltkrieges (1914) starb der beliebte Elmhauswirt Hermann Nievert. Seine Witwe führte den während des Krieges sehr eingeschränkten Betrieb allein weiter. Am 2. Dezember 1916 erhielt das Elmhaus auch Gefangenen-Einquartierung: etwa 30 Soldaten, die zu Fortarbeiten herangezogen wurden.

Der allgemein sehr geschäzten Wirtin war es zu verdanken, daß das Elmhaus nach dem 1. Weltkrieg wieder den alten guten Ruf erhielt, den es vordem besessen hatte. Am 20. Mai 1921 wurde die Posthilfsstelle aufgehoben; im Juni des Jahres 1925 erhielt das „Elmhaus“in allen Räumen und auch im Garten elektrische Beleuchtung. Wie schon vor dem Kriege wurde alljährlich vor dem großen Pferdestall wieder ein Osterfeuer abgebrannt, das von vielen Personen besucht wurde. Im April 1930 ließ die Wirtin vor dem Elmhaus Terrassen anlegen, die guten Zuspruch fanden, besonders den der „alten“ Gäste.

Als am 26. Juni 1934 das 50jährige Bestehen des Elmhauses gefeiert wurde, gehörte auch zu den Festteilnehmern der Witwe Nievert treuester Helfer
„Friedrich vom Elmhaus“, wie der kleine, verwachsene Hauspfleger allgemein genannt wurde. Fritz Erxleben, der im Juni 1937 sein 235jähriges Dienstjubiläum im Elmhaus begehen konnte, war geachtet und beliebt bei sämtlichen Gästen und Mitarbeitern.

In jenen Jahren (1937/38) erfolgte durch Umbauten eine Neugestaltung des großen Saales im Elmhaus, der am 29. 1. 1938 eingeweiht wurde. Gleichzeitig wurde der Pferdestall, der im Zeitalter des Autos überflüssig geworden war, abgerissen und auch der im Laufe der Zeit morsch gewordene hölzerne Musikpavillon niedergelegt

Es kam 1939 auch für das Elmhaus der 2. Weltkrieg, der an der Gaststätte nicht spurlos vorüberging. Mehr noch als im 1. Weltkrieg stockte der Verkehr in der beliebten Gaststätte; Sie wurde 1942 von dem seit dem 1.10. 1930 mit der Besitzerin und den dort verkehrenden Gästen fest verbundenen Geschäftsführer Erich Holze übernommen. Am 10. 10. 1948 schloß „Mutter Nievert“, wie die alte, freundliche, ehemalige Wirtin im Elmhaus allgemein genannt wurde, die Augen zur letzten Ruhe.

Erich Holze ließ im Sommer 1951 die oftmals verschlammten Wege um das Elmhaus herum mit einer Kiesschicht versehen. am Eingang zum Wald wieder eine während des 2. Weltkrieges anderweitig beanspruchte Spielwiese für Kinder herstellen und einen Parkplatz für Autos einrichten.

Im Jahre 1952 ließ er durch Neu- bzw. Umbauten eine bessere Verbindung zwischen dem Wohnhaus und dem Saal sowie eine zweckmäßige große Küche und einen geräumigen Buffetraum anlegen. Bei der Gelegenheit wurde auch außen vor dem Buffetraum eine Terrasse für die Gäste erbaut.

lm Juni 1959 konnte das Elmhaus auf ein 75jähriges Bestehen zurückblicken, das in gebührender Weise gefeiert wurde.

Seit jeher war die Versorgung der Elmhausbewohner mit Trinkwasser ein besonderes Übel. Nachdem der oben erwähnte, im Jahre 1887 beim Elmhaus im Märzental erbohrte Brunnen kein Wasser mehr lieferte, wurde das kostbare Naß alltäglich in einem Faß auf einem von einem Pferdchen gezogenen Wagen unter dar Leitung von „Friedrich“ bzw. später von „Otto“ (Dönike) von der Klosterdomäne geholt, und zwar bis zum Jahre 1965, wo das Elmhaus Kanallisalions- und Wasserleituingsanschluß an das städt. Netz erhielt Ein weiterer Fortschritt für das Elmhaus war im Jahre 1966 die Anlage einer Kraftstromleitung.

Nach dem Tode des Wirtes E. Holze im Jahre 1962 wechselte das Elmhaus noch öfter den Besitzer. Der derzeitige Inhaber gab die Übernahme der
beliebten Waldgaststätte mit nachstehendem Inserat bekannt: „Heute, am 1. April 1967, übernehmen wir die Bewirtschaftung der Waldgaststätte Elmhaus-Schöningen. Es wird unser Bestreben sein, unseren verehrten Gästen das Beste aus Küche und Keller zu bieten und allen Wünschen gerecht zu werden. Die modern gestalteten Gasträume, einschließlich Klubzimmer und Saal, bieten sich für Veranstaltungen jeder Art an. Für Unterhaltung der Kinder sorgt der kleine Pony-Hof. Fred und Erna Fußangel.“

(Textauszug aus: „Unsere Heimat“, Jahrgang 23, Nr. 4, August 1974. Fotos: Elmhaus.)

Loading...

90 Jahre „Elmhaus“

Nachdem schon seit Jahren auf dem „Singplatz“ am Ostrande des schönen Elmwaldes oberhalb Schöningens von diesem oder jenem Wirt an Sonn- und Festtagen, bei Gesangskonzerten usw. Speisen und Getränke verabfolgt waren, die im Freien ohne besondere Bedienung von den Gästen verzehrt wurden, erhielt der Gastwirt Hermann Nievert im Gasthof „Zum Heidenkönig“ in Schöningen, Ecke Wilhelm- und Helmstedter Straße, von der Forstbehörde in Braunschweig zum 1. Juni 1884 gegen eine jährlich zu zahlende Pachtsumme auf 99 Jahre die Erlaubnis, ‚“am östlichen Rande des Elms auf dem sogenannten „Singplatz“ eine Bretterbude errichten zu dürfen, die so groß sein sollte, daß bei einem etwa ausbrechenden Unwetter 20-30 Personen darin Schutz finden könnten.“

Am 27. Juni konnte dann Hermann Nievert, wie die Zeitung meldete, in dem recht bescheidenen Lokal das erste Glas Bier ausschenken. Diese Meldung wurde am 8. Juli von dem W. u. A. mit den Worten begrüßt: „Seit langen Jahren schon ist der Wunsch in hiesiger Stadt laut geworden, es möge sich jemand finden, der auf dem „Singplatz“ unseres schönen Elms ein Zelt errichten und darin die Restauration betriebe. Mit Freuden haben wir es deshalb begrüß. als wir erfuhren, daß Herr Hermann Nievert von der herzoglichen Forstbehörde ein Terrain des Singplatzes gepachtet habe, um darauf ein Zelt errichten zu lassen. Mit vielem Danke müssen wir die Bereitwilligkeit der Herren Forstbeamten anerkennen, einem solchen Unternehmen die Hand zu bieten.“

Die festliche Einweihung des „Elm-Restaurants“ auf dem Singplatz fand am 15. August 1884 statt. Von Nachmittag ½5 Uhr ab konzertierte die Stadt kapelle, abends fand eine bengalische Beleuchtung des Singplatzes statt.

Am 15. November gab Hermann Nievert bekannt: „Den Elmbesuchern zur Nachricht, daß mein Restaurant von jetzt ab nur sonntags bei günstiger Witterung und bei vorheriger Bestellung geöffnet ist“, und am 24. Januar 1885 las man im WuA: „Als Merkmal, daß meine Wirtschaft geöffnet ist, werde ich von jetzt ab jedesmal im Stadtrat Cruseschen Garten vor dem Neuen Tore ein Schild aushängen mit der Aufschrift: „Heute, Wirtschaft im Elme! Hermann Nievert.“ – „Vorzügliche Schlittenbahn!“ Der rege Besuch der Gaststätte auf dem Singplatz varanlaßte Hermann Nievert, bekanntzugeben: „Auf Wunsch ist vom 31. 1. 1885 ab jeden Sonntag die Wirtschaft auf dem Singplatz im Elm geöffnet!“

Der Verschönerungsverein Schöningen

Besondere Verdienste um die Gestaltung des Singplatzes erwarb sich der im Herbst 1884 durch den Stadtkämmerer Schönert ins Leben gerufene Verschönerungsverein Schöningen. Unter der fachkundigen Leitung des Partikuliers (Privatmann, Rentner) Schmidt entstand ein kleiner Park im Walde. der gegen empfindliche Zugluft durch Anpflanzung mehrerer Reihen Tannen geschützt war. Auch Hermann Nievert, der rührige Wirt auf dem Singplatz, scheute keine Kosten, um seinen Gästen den Aufenthalt auf dem Singplatz so angenehm wie möglich zu machen. Der WuA meldete u.a.: „Außer Neubeschaffung einer großen Zahl von Tischen und Bänken hat derselbe (Nievert) vor dem Zelte eine geschmackvolle Veranda und neben demselben eine geräumige Küche erbauen lassen.“ So konnte Hermann Nievert inserieren: „Am 1. und 2. Pfingsttage 1885 in der Wirtschaft auf dem Singplatz von morgens ½4 Uhr ab: Kaffee, Bier und diverse warme und kalte Speisen empfiehlt daselbst bestens H. Nievert.“ Der Wirt sorgte aber nicht nur für das leibliche Wohl seiner Gäste, sondern war auch bestrebt, ihnen künstlerische Genüsse zu bereiten, So ließ er durch die Stadtkapelle, Militäkapellen von auswärts usw. Konzerte veranstalten.

Der Verschönerungsverein nahm sich auch weiterhin der Ausgestaltung des Singplatzes an, auf dem bei Festlichkeiten auch andere Wirte, Bäcker und sonstige Gewerbetreibende Waren anboten, wozu sie allerdings eine vom Gastwirt Nievert ausgestellte Erlaubniskarte haben mußten.

Im Jahre 1887 wurde in unmittelbarer Nähe des Singplatzes, in der Nesselkuhle, für die Schöninger Schützenkorporation ein Schießstand errichtet, auf dem im Laufe des Sommers an den Wochentagen Montag zund Freitag von ½3 bis 7 Uhr nach der Scheibe geschossen wurde. Im gleichen Jahre wurde auf Veranlassung des Verschönerungsvereins unterhalb des Singplatzes im Märzental nach Trinkwasser gebohrt mit dem Erfolg. daß man bei 65 Fuß Tiefe auf eine starke wasserführende Erdschicht stieß, wodurch die Trinkwassernot zunächst beim Singplatz behoben wurde.

Der Platz erfuhr weitere Verbesserungen, indem u.a. vom Verschönerungsverein 1887 260 Fichten und 400 Sträucher angepflanzt, die dortigen Wege mit Kies beschüttet und der Philosophenweg mit Ruhebänken ausgestattet wurden.

Dem immer stärker werdenden Verkehr waren die dem Wirt Nievert zur Verfügung stehenden Baulichkeiten nicht mehr gewachsen, so daß er beschloß, auf das Küchengebäude ein Stockwerk aufzusetzen und auch einen besonderen Pferdestall zu erbauen, um die vielen Pferde unterzubringen, mit denen besonders an Sonn- und Festtagen die Landwirte aus der Umgegend von Schöningen kamen. Diese Pläne wurden im August 1888 verwirklicht.

1889 erhielt dann der Gastwirt Nievert die behördliche Erlaubnis, „Branntwein und Spirituosen“ ausschenken zu dürfen, was von vielen männlichen
Gästen freudig begrüßt wurde.

Grundsteinlegung des „neuen“ Elmhaus

Die gute Entwicklung des Gaststättenbetriebes in dem nach unseren heutigen Begriffen immerhin primitiven Elmhaus veranlaßte Hermann Nievert, eine
neue größere massive Gast- und Schankwirtschaft auf dem Singplatz zu errichten. Am 23. April 1895 meldete das WuA: „Am Sonnabend (20. April) ist zu dem Nievertschen Restaurant im Elm der Grundstein gelegt. Den Bau führt Herr Amtsmaurermeister Hr. Meyer aus. Mit der Beaufsichtigung der Ausführung ist seitens der Direction der Forsten Herr Regierungsbaumeister Eschemann beauftragt. Die Baukosten belaufen sich auf ca. 17 000 Mark“

Am 21. September 1895 las man in den beiden hiesigen Tageszeitungen: „Der villenartige Bau, den der Besitzer des Elm-Restaurants auf dem Singplatz errichten läßt. enthält nach dem Plan des Regierungsbaumeisters Eschemann im untersten Stockwerk 3 Gastzimmer, im 2. Stockwerk neben einem weiteren Restaurationsraum 6 Logiszimmer und im Erker noch 2 für Logierzwecke geeignete Räume.“

Am 1. Oktober 1895 wurde dem Elmhauswirt eine Posthilfsstelle übertragen; er erhielt täglich einmal abwechselnd von dem aus Schöningen ,nach Hoiersdorf bzw. Esbeck gehenden Landbriefträger Postsachen zugestellt. 1896 bekam das Elmhaus telefonische Verbindung mit dem Schöninger Stadtbezirk unter Fernsprechnummer 12.

Im gleichen Jahre ließ H. Nievert nördlich vor dem neu erbauten „Elmhaus“ einen Musikpavillon aufstellen. Er war i.J. 1891 anläßlich der im großen Rahmen veranstalteten Sedan-Feier von der Firma Paulmann im Stadtpark errichtet und nach Abschluß der Feier abgetragen und in einem Schuppen gelagert worden.

Am 5. Juni 1896 wurde von den Schöninger Stadtverordneten beschlossen, das im Forstort „Nesselkuhle“ gelegene Nievertsche Grundstück Nr. ass. 679 (0,0345 ha) und den Hofraum (0,1182 ha) in Gesamtgröße von 0,1527 ha der Stadt Schöningen einzuverleiben.

Lebhaft begrüßt wurde, namentlich von weiblichen Gästen im Elmhaus, ein am 20. März 1897 in den beiden hiesigen Tageszeitungen erschienenes
lnserat: „Den geehrten Herrschaften von Schöningen und Umgegend zur gefl. Kenntnis, daß ich von Sonntag an auf dem Elm bei schönem Wetter meine Konditorei eröffnet habe, und bitte um gütigen Zuspruch. Hochachtungsvoll Franz Habe, Conditor.“ (Dieser Bäcker- und Conditormeister betrieb sein Geschäft im übrigen Bismarckstraße Nr. 19, heute „Café und Konditorei Queisser“).

Lebhaft begrüßt, besonders von der Jugend, wurden die vom Verschönerungsverein im Jahre 1897 aufgestellten Turngeräte auf dem Singplatz, die eifrig benutzt wurden.

Um Gehbehinderten und alten Personen das Erreichen des Elmhauses zu erleichtern bzw. überhaupt zu ermöglichen, veranstaltete 1897 Herr Fuhrherr W. Hellmuth, Bahnhofstraße 30, regelmäßig Pferdewagen-Fahrten nach der Waldgaststätte und erwarb sich damit viele Freunde.

Im Jahre 1901 ließ der Wirt den erwähnten Musikpavillon abreißen und schräg gegenüber am Gebüsch einen neuen erbauen. Dadurch konnte eine bedeutend bessere Schallwirkung bei Konzerten erzielt werden. Im gleichen Jahre errichtete er einen geräumigen Saal, der gern aufgesucht wurde.

Als tüchtiger Gastwirt vergaß er auch nicht, für sein Lokal fleißig Reklame zu machen; so annoncierte er z.B im Adreßbuch des Jahres 1910: „Elmhaus, Besitzer: Herm. Nievert – Restaurant-Logierhaus – Telephon 12 -‚ – Posthilfsstelle. – Auf dem Singplatz im Elm gelegen. 15 Minuten von der Stadt entfernt, 20 Minuten vom Solbade. Schönste und weiteste Fernsicht vom ganzen Elm. Reizende Anlagen. Angenehmer Aufenthalt. Beliebtes Ausflugsziel. Neuerbaute Gesellschaftsräume und komfortabel eingerichtete Lokalitäten für Logierzwecke. Zum Ausspann ausreichende Stallungen. Gute Weine, ff. helle Biere: Pilsener Urquell und Münchener Pschorrbräu. Vorzügliche Küche. Pensionspreis wöchentlich von 30 Mk an, bei längerem Aufenthalt evtl. billiger. Kulante Bedienung. Billigste Preisnotierung.“

Nachdem im Jahre 1901 dem Elmhaus ein großer Saal angebaut worden war, wurde die erweiterte Grundfläche des Elmhauses nicht zum Stadtbezirk gelegt, so daß im Elmhause zwei Polizeibehörden zuständig waren.

Ein 1910 von der Stadtbehörde an die Forstverwaltung gestellter Antrag, für die Dauer der Bewirtschaftung des Elmhauses den ganzen Platz, soweit er für Restaurationszwecke benutzt würde, dem Stadtgebiet zu überweisen, wurde abgelehnt. Die Forstbehörde stimmte nur der Zuweisung der Fläche bis zum Promenadenwege, der am Saal vorbeiführte, zu und zwar unter der Bedingung, daß ihr nie daraus Kosten entstehen würden.

Ein Höhepunkt im Leben des Elmhauses bzw. des Singplatzes war der 13. Juli 1913. Das unter der Leitung des Theaterdirektors Palmbaum ste-
hende Freilichttheater zeigte dort „Die Räuber“ von Fr. v. Schiller. Es war die einzige Aufführung dieser Art im Elm bei Schöningen.

Der 1. Weltkrieg und die Zeit danach

Während des 1. Weltkrieges (1914) starb der beliebte Elmhauswirt Hermann Nievert. Seine Witwe führte den während des Krieges sehr eingeschränkten Betrieb allein weiter. Am 2. Dezember 1916 erhielt das Elmhaus auch Gefangenen-Einquartierung: etwa 30 Soldaten, die zu Fortarbeiten herangezogen wurden.

Der allgemein sehr geschäzten Wirtin war es zu verdanken, daß das Elmhaus nach dem 1. Weltkrieg wieder den alten guten Ruf erhielt, den es vordem besessen hatte. Am 20. Mai 1921 wurde die Posthilfsstelle aufgehoben; im Juni des Jahres 1925 erhielt das „Elmhaus“in allen Räumen und auch im Garten elektrische Beleuchtung. Wie schon vor dem Kriege wurde alljährlich vor dem großen Pferdestall wieder ein Osterfeuer abgebrannt, das von vielen Personen besucht wurde. Im April 1930 ließ die Wirtin vor dem Elmhaus Terrassen anlegen, die guten Zuspruch fanden, besonders den der „alten“ Gäste.

Als am 26. Juni 1934 das 50jährige Bestehen des Elmhauses gefeiert wurde, gehörte auch zu den Festteilnehmern der Witwe Nievert treuester Helfer
„Friedrich vom Elmhaus“, wie der kleine, verwachsene Hauspfleger allgemein genannt wurde. Fritz Erxleben, der im Juni 1937 sein 235jähriges Dienstjubiläum im Elmhaus begehen konnte, war geachtet und beliebt bei sämtlichen Gästen und Mitarbeitern.

In jenen Jahren (1937/38) erfolgte durch Umbauten eine Neugestaltung des großen Saales im Elmhaus, der am 29. 1. 1938 eingeweiht wurde. Gleichzeitig wurde der Pferdestall, der im Zeitalter des Autos überflüssig geworden war, abgerissen und auch der im Laufe der Zeit morsch gewordene hölzerne Musikpavillon niedergelegt

Es kam 1939 auch für das Elmhaus der 2. Weltkrieg, der an der Gaststätte nicht spurlos vorüberging. Mehr noch als im 1. Weltkrieg stockte der Verkehr in der beliebten Gaststätte; Sie wurde 1942 von dem seit dem 1.10. 1930 mit der Besitzerin und den dort verkehrenden Gästen fest verbundenen Geschäftsführer Erich Holze übernommen. Am 10. 10. 1948 schloß „Mutter Nievert“, wie die alte, freundliche, ehemalige Wirtin im Elmhaus allgemein genannt wurde, die Augen zur letzten Ruhe.

Erich Holze ließ im Sommer 1951 die oftmals verschlammten Wege um das Elmhaus herum mit einer Kiesschicht versehen. am Eingang zum Wald wieder eine während des 2. Weltkrieges anderweitig beanspruchte Spielwiese für Kinder herstellen und einen Parkplatz für Autos einrichten.

Im Jahre 1952 ließ er durch Neu- bzw. Umbauten eine bessere Verbindung zwischen dem Wohnhaus und dem Saal sowie eine zweckmäßige große Küche und einen geräumigen Buffetraum anlegen. Bei der Gelegenheit wurde auch außen vor dem Buffetraum eine Terrasse für die Gäste erbaut.

lm Juni 1959 konnte das Elmhaus auf ein 75jähriges Bestehen zurückblicken, das in gebührender Weise gefeiert wurde.

Seit jeher war die Versorgung der Elmhausbewohner mit Trinkwasser ein besonderes Übel. Nachdem der oben erwähnte, im Jahre 1887 beim Elmhaus im Märzental erbohrte Brunnen kein Wasser mehr lieferte, wurde das kostbare Naß alltäglich in einem Faß auf einem von einem Pferdchen gezogenen Wagen unter dar Leitung von „Friedrich“ bzw. später von „Otto“ (Dönike) von der Klosterdomäne geholt, und zwar bis zum Jahre 1965, wo das Elmhaus Kanallisalions- und Wasserleituingsanschluß an das städt. Netz erhielt Ein weiterer Fortschritt für das Elmhaus war im Jahre 1966 die Anlage einer Kraftstromleitung.

Nach dem Tode des Wirtes E. Holze im Jahre 1962 wechselte das Elmhaus noch öfter den Besitzer. Der derzeitige Inhaber gab die Übernahme der
beliebten Waldgaststätte mit nachstehendem Inserat bekannt: „Heute, am 1. April 1967, übernehmen wir die Bewirtschaftung der Waldgaststätte Elmhaus-Schöningen. Es wird unser Bestreben sein, unseren verehrten Gästen das Beste aus Küche und Keller zu bieten und allen Wünschen gerecht zu werden. Die modern gestalteten Gasträume, einschließlich Klubzimmer und Saal, bieten sich für Veranstaltungen jeder Art an. Für Unterhaltung der Kinder sorgt der kleine Pony-Hof. Fred und Erna Fußangel.“

(Textauszug aus: „Unsere Heimat“, Jahrgang 23, Nr. 4, August 1974. Fotos: Elmhaus.)